Kreistagsbeschluss zur Initiative Seebrücke

Der Vorschlag von CDU, Freien Demokraten und UWG erhielt eine Mehrheit. Der Beschluss lautet wie folgt:

Der Kreistag des Kreises Coesfeld stellt fest,

  • dass das Asylrecht gem. Art. 16a des Grundgesetzes ein hohes Gut ist. Es dient in seinem Kern dem Schutz der Menschenwürde, schützt aber auch das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit und andere grundlegende Menschenrechte. Das ist Ausdruck für den Willen Deutschlands, seine historische und humanitäre Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen zu erfüllen.
  • dass die Zuständigkeit für die Aufnahme und Unterbringung geflüchteter Menschen bei den kreisangehörigen Kommunen liegt. Eine eigene Zuständigkeit des Kreises besteht ausdrücklich nicht.
  • dass im Kreis Coesfeld eine Vielzahl an unterschiedlichen Maßnahmen ergriffen wurden, um die Integration geflüchteter Menschen in die Gesellschaft zu ermöglichen und zu erleichtern.
  • dass das Kommunale Integrationszentrum eine herausgehobene Bedeutung bei der Integration geflüchteter Menschen in die Gesellschaft besitzt und dieser Rolle in besonderer Weise gerecht wird.
  • dass ausreisepflichtige Personen Angebote zu einer freiwilligen Rückkehr in ihre Heimatländer erhalten.
  • dass ausreisepflichtige Personen, die eine freiwillige Rückkehr ablehnen, unter Wahrung ihrer Rechte durch die Zentrale Ausländerbehörde in ihre Heimaltländer zurückgeführt werden können.
  • dass der Verein Seebrücke e.V. Grundsätze der demokratischen Ordnung sowie der politischen Verantwortung infragestellt, wenn er schreibt: „Grundlegende Entscheidungen der Asyl- und Migrationspolitik gehörten bislang nicht zu den klassischen kommunalen Aufgaben. Sowohl die Vergabe von Visa und Aufenthaltstiteln als auch die Kontrolle darüber, wer welche Grenzen übertreten kann, sind eng an die Vorstellung von staatlicher Macht gekoppelt und obliegen der nationalstaatlichen Hoheit. Aber wenn die Europäische Union, die Bundesregierung oder andere Regierungen nicht bereit oder in der Lage sind, das Sterben im Mittelmeer zu verhindern oder die Situation in den menschenunwürdigen Lagern an den europäischen Außengrenzen zu beenden, müssen eben Kommunen und Zivilgesellschaft ihre Solidarität mit Menschen auf der Flucht zum Ausdruck bringen.“
  • dass der Verein Seebrücke e.V. die rechtlichen Grundlagen der europäischen, deutschen, nordrhein-westfälischen sowie kommunalen Asylpolitik auszuhöhlen und umzukehren versucht.
  • dass er sich nicht mit den Forderungen des Verein Seebrücke e.V. solidarisch und den Kreis Coesfeld nicht zum sog. „Sicheren Hafen“ erklärt.

 

Begründung

Menschen verlassen ihre Heimat aus unterschiedlichsten Gründen – aber Flucht ist niemals freiwillig. Menschlich ist das nachvollziehbar. Und trotzdem kann nicht jeder Migrant nach Deutschland oder Europa kommen. Migration muss gesellschaftlich, organisatorisch und finanziell bewältigt werden können.

Wir wollen, dass verfolgte Menschen gemäß Art. 16a des Grundgesetzes Asyl und Schutz gewährt wird. Wir wollen, dass qualifizierte Zuwanderung nach klaren Kriterien erfolgt.

Der Kreis Coesfeld sowie die elf Städte und Gemeinden im Kreis werden ihrer Verantwortung gerecht. Asylsuchende sind hier sicher und werden auf vielfältige Weise vom Kreis und von den Kommunen sowie von zahlreichen (ehrenamtlichen) Initiativen unterstützt. Das Kommunale Integrationszentrum leistet dabei einen wichtigen Beitrag.

Um den Schutz suchenden Menschen gerecht zu werden, braucht es klare Regeln für Migration. Das kann am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens ausdrücklich auch die Rückführung in das Heimatland umfassen. Der Kreis Coesfeld unterstützt die Bemühungen der Bundesregierung für ein gemeinschaftliches Vorgehen mit unseren europäischen Partnern. Nationale Alleingänge sind auch mit Blick auf die Spannungen innerhalb der Europäischen Union zu vermeiden.

Eine einseitige Bevorzugung bestimmter Fluchtwege, so wie bei der Initiative „Sicherer Hafen“ des Vereins Seebrücke, gefährdet eine gemeinsame europäische Haltung. Zudem ist es nicht akzeptabel, dass ein Asylantrag, der aus einer Einreise mit dem Boot entspringt, eine höhere Wertigkeit haben sollte als Asylanträge von Menschen, die über Land oder mit dem Flugzeug in Deutschland einreisen. Eine solche Politik spielt kriminellen Schleppern in die Hände und setzt Fehlanreize für die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer.

Wir unterstützen Initiativen der Bundesregierung, um die Lebenssituation der Menschen in den Ländern zu verbessern aus denen besonders viele Menschen fliehen. Wie den 2017 gestarteten “Compact with Africa“, um Investitionsanreize zu verbessern und vorhandene industrielle Kerne in Afrika zu stärken. Zwölf reformorientierte afrikanischer Länder haben sich der Initiative inzwischen angeschlossen. Sie werden dabei unterstützt, das Geschäftsklima zu verbessern, die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Eine Initiative zur Beschäftigung Jugendlicher im ländlichen Raum sowie ein Programm zur Förderung des Zugangs von Mädchen zu Informations- und Kommunikationstechnologien ergänzen die Palette der Maßnahmen.

Wir wollen Europas Grenzen schützen und begrüßen die Aufstockung der Europäischen Grenz- und Küstenschutzagentur Frontex auf 10.000 Grenzbeamte bis 2027.

Die Initiative Seebrücke möchte eine Abkehr vom bisherigen Asylrecht. Der Schutz der europäischen Außengrenzen – Voraussetzung für die offenen Binnengrenzen! – wird pauschal als „Abschottung“ diffamiert. Abschiebungen werden grundsätzlich abgelehnt. Dieser Initiative kann sich der Kreistag nicht anschließen.